Bericht über BODYS-Onlinereihe: Impuls für ein inklusives Gesundheitssystem

Das Praxishandbuch Vielfalt Pflegen: ein Impuls für ein inklusives Gesundheitssystem

Anforderungen und Lösungsansätze für ein inklusives Gesundheitssystem – das war der Gegenstand der Online-Vortragsreihe „Dis/Ability der Gegenwart und der Zukunft“ vom Bochumer Zentrum für Disability Studies (BODYS) an der EvH RWL am 18. Januar 2024. Zu Gast waren Wibke Roth & Markus May vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben NRW (kurz KSL NRW) und Prof. Dr. Karin Tiesmeyer von der EvH RWL / BODYS.

Die Rolle der Pflegenden

Im ersten Beitrag sprach Karin Tiesmeyer über die Rolle der Pflegenden im Kontext von inklusiver Gesundheit im Krankenhaus sowie die Herausforderungen und die Bedeutung der Pflege im Kontext von Inklusion. Grundsätzlich gilt, dass eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Pflegenden und Patient*innen wichtig für jeden guten Behandlungsprozess ist. Verschiedene Studien konnten zeigen, unter welchen Bedingungen diese Beziehung nicht gelingt oder gestört wird, weil Konkflikte entstehen. Das kann an unzureichendem Fachwissen über verschiedene Behinderungen, insbesondere Komplexe Behinderungen, liegen. Wobei Karin Tiesmeyer betonte, dass Patient*innen mit Komplexen Behinderungen keine anderen Bedürfnisse haben als andere Menschen, sondern vielmehr einen höheren Bedarf an Unterstützung. Oft sind Pflegenden Hilfsmittel wie etwa Unterstützte Kommunikation schlicht nicht bekannt. Das führt zu Kommunikationsbarrieren. Weitere erschwerende Rahmenbedingungen für eine unterstützende Pflegeumgebung sind Personalnot, Konfliktsituationen und Zeitmangel. In diesem Zusammenhang stellte Karin Tiesmeyer ausgewählte innovative Projekte und Ansätze vor, die die Pflege im Krankenhaus verbessern könnten. Außerdem ging sie auf die Rolle von Selbst- und Mitbestimmung der Patient*innen ein.

Vielfalt Pflegen

Selbstbestimmung ist auch Kernthema des Praxishandbuchs „Vielfalt Pflegen“, das Wibke Roth und Markus May von der Koordinierungsstelle der Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben NRW vorstellten. Das Praxishandbuch entstand aus einem partizipativen Prozess mit Menschen mit Behinderungen als Expert*innen in eigener Sache und mit Menschen mit und ohne Behinderungen aus Medizin, Forschung und Pflege. Wibke Roth gab Einblicke in den Entstehungsprozess und teilte einige O-Töne von Beteiligten, die auch auf der Webseite des Praxishandbuchs zu finden sind. Markus May führte aus, dass das Buch und die begleitende Kampagne darauf abzielen, das Bewusstsein und die Kompetenzen von Pflegenden im Umgang mit Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren. Er betonte, dass ein inklusives Gesundheitssystem eine Frage der Haltung sei. Pflegende gelten in diesem Prozess als Schlüsselfiguren: Sie arbeiten nah an den Patient*innen und sie stützen und vermitteln die Kommunikation mit dem ärztlichen Fachpersonal. Das Praxishandbuch richtet sich an Ausbildungseinrichtungen für Pflegekräfte, bereits 350 Pflegeschulen wurden in NRW damit ausgestattet. Auch Krankenhäuser und Hochschulen nutzen das Handbuch im Alltag und in der Ausbildung. Aus der zugehörigen Kampagnenarbeit entstand ein NRW-weites Netzwerk verschiedener Akteure aus Hochschulen, Kliniken, Selbstvertretungen und Politik, die sich für die inklusive Gestaltung des Gesundheitssystems einsetzen.

Die anschließende Diskussion machte deutlich, dass eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema Inklusion im Gesundheitswesen notwendig ist und dass Angebote wie das Praxishandbuch und ähnliche Projekte wichtige Impulse für ein zukunftsorientiertes und entsprechend inklusives Gesundheitssystem geben.

Über die Vortragenden

Markus May verantwortet das Thema „Inklusive Gesundheit“ als Referent bei der Koordinierungsstelle der Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben (Ko-KSL). Bevor er 2016 zur Ko-KSL kam, hat er als Referent in der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalens und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an Universitäten gearbeitet. Wibke Roth ist Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit und unterstützt das Ko-KSL-Team journalistisch. Sie trug redaktionelle-konzeptionelle Verantwortung für das Praxishandbuch „Vielfalt Pflegen“.

Karin Tiesmeyer ist Pflege- und Gesundheitswissenschaftlerin und arbeitet seit 2013 als Professorin an der Evangelischen Hochschule Bochum. Sie forscht mit Menschen mit komplexer Beeinträchtigung und in partizipativen Forschungsprojekten in der Gesundheitsversorgung. Früher war sie in unterschiedlichen Bereichen im Krankenhaus und in der Eingliederungshilfe tätig.

Videomitschnitt und Downloads

Einen Videomitschnitt der Vorträge finden Sie im YouTube-Kanal von BODYS: https://youtu.be/gDQDQdhXRBQ

Die Website zum Thema inklusive Gesundheit der KSL finden Sie hier: https://www.ksl-nrw.de/de/inklusive-gesundheit

Des Weiteren ist der (kostenlose) Download des Praxishandbuches als PDF-Datei über folgenden Link möglich: https://www.ksl-nrw.de/de/node/3272

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